WENN STUDIERENDE DIE KRISE KRIEGEN Was bedeutet es, eine "Krise" zu haben? Was verbirgt sich hinter dem Begriff im psychosozialen Sinn? Eine psychosoziale Krise ist der Verlust des seelischen Gleichgewichts, den ein Mensch verspürt, wenn er mit Ereignissen und Lebensumständen konfrontiert wird, die er im Augenblick nicht bewältigen kann, weil sie von Art und Ausmaß seine durch frühere Erfahrungen erworbenen Fähigkeiten und erprobten Hilfsmittel zur Erreichung wichtiger Lebensziele oder zur Bewältigung seiner Lebenssituation überfordern (nach Caplan 1964 und Cullberg 1978, zitiert aus Sonneck, 2016, S.15). James und Gilland bezeichnen eine Krise als "[...] ein Ereignis oder eine Situation, die als untragbare Schwierigkeit wahrgenommen wird und welche die für die betroffene Person vorhandenen oder im Moment zur Verfügung stehenden Bewältigungsstrategien überfordert.? (James & Gilliland, 2004) Krisen sind jedoch kein alltagsfernes Phänomen. Sie sind vielmehr Ereignisse, die sich im Leben jedes Menschen immer wieder einstellen. Es können drei Arten von Krisen unterschieden werden: Die traumatische Krise, ausgelöst durch plötzliche, meist unvorhergesehene Schicksals- schläge, wie z.B. Krankheit oder plötzliche Invalidität, Tod eines nahestehenden Menschen, Trennung, Entlassung. Die Veränderungskrise, die in jeder Biografie durch sein natürliches Fortschreiten entsteht, durch Heranwachsen, Verlassen des Elternhauses, Heirat, Geburt eines Kindes, Ablösung der Kinder, Klimakterium, Altern etc.. Die Krise als Epiphänom systemischer Dysfunktion, also isteine Krise ohne vorhergehendes Trauma oder eine Veränderung, sondern die Eskalation einer sozialen Situation in einem System, sodass der Zusammenhalt plötzlich existentiell in Frage gestellt wird. Bei manchen Lebensver- änderungskrisen handelt es sich auch um Situationen, die als positiv eingestuft werden können, wie z. B. das Verlassen des Elternhauses, Heirat oder die Geburt eines Kindes. Oft liegt der Anlass für die Krise in der Umwelt. Manchmal ist sie auch für die betroffene Person selbst nicht nachvollziehbar, wobei jeder Mensch Persönlich- keitsbereiche hat, die aufgrund seiner Entwicklung brüchig sind, sodass in diesen Bereichen dann leichter Krisen auftreten. (Stangl, 2022). 08